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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.08.2007
Aktenzeichen: 8 TG 1562/07
Rechtsgebiete: GG, VwGO, ZPO
Vorschriften:
GG Art. 19 Abs. 4 | |
VwGO § 173 S. 1 | |
VwGO § 80 Abs. 8 | |
ZPO § 570 Abs. 3 |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Kommunalrechts/Bürgerbegehren/einstweiliger Rechtsschutz
hier: vorläufige Untersagung von Vollzugshandlungen
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch
Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer als Vorsitzenden, Richter am Hess. VGH Jeuthe, Richter am Hess. VGH Dr. Dieterich
am 1. August 2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung und die Streitwertfestsetzung bleiben der abschließenden Beschwerdeentscheidung vorbehalten.
Gründe:
Der Antrag auf vorläufige Untersagung von Vollzugshandlungen ist gem. § 570 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO und unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 80 Abs. 8 VwGO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Im Hinblick darauf, dass nach der Regelung des § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO die sofortige Vollziehbarkeit eines Beschlusses des Verwaltungsgerichts in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und damit der durch diese Entscheidung herbeigeführte oder bestätigte Zustand die Regel darstellt, kann eine einstweilige Maßnahme des Beschwerdegerichts vor dessen Entscheidung über die Beschwerde nur ausnahmsweise erfolgen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch ein solcher "Schiebe- oder Stoppbeschluss" in das gerichtliche Ermessen gestellt ist und dass in die Abwägung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs und die Folgen einer behördlichen Vollziehung unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG einzubeziehen sind.
Ein Ausnahmefall, der eine solche einstweilige Maßnahme des Beschwerdegerichts rechtfertigen könnte, kann danach zum einen vorliegen, wenn über die Beschwerde noch nicht abschließend entschieden werden kann, sie aber nach dem gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgeblichen Beschwerdevorbringen mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird. Zum anderen kann eine einstweilige Maßnahme des Beschwerdegerichts geboten sein, wenn der durch die erstinstanzliche Eilentscheidung bewirkte bzw. bestätigte Zustand für den unterlegenen Verfahrensbeteiligten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unzumutbar erscheint.
Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegend nicht angenommen werden.
Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Beschwerdeerfolges ist derzeit eher zu verneinen, weil der den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ablehnende Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 24. Juli 2007 - 3 G 1073/07 - bei der allein möglichen summarischen Prüfung keine überwiegend wahrscheinliche oder gar offensichtliche Fehlerhaftigkeit aufweist, sondern im Gegenteil gut nachvollziehbar und überzeugend erscheint. Eine Beschwerdebegründung, aus der sich Zweifel ergeben könnten, liegt demgegenüber noch nicht vor, obwohl der verwaltungsgerichtliche Beschluss den Antragstellern bereits am 25. Juli 2007 per Telefax übermittelt worden ist. Angesichts der einmonatigen Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO liefe die Auffassung der Antragsteller, der Vollzug müsse gem. Art. 19 Abs. 4 GG unabhängig vom Vorliegen einer Beschwerdebegründung unter Beachtung der dafür vom Gesetzgeber eingeräumten Frist zunächst untersagt werden, darauf hinaus, dass allein die bloße Beschwerdeeinlegung entgegen dem gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eine einmonatige Vollzugshemmung bewirken würde, ohne dass es das Gericht - anders als in dem von den Antragstellern angeführten Beschluss des Hess. VGH vom 4. April 2000 - 12 TZ 577/00 - in der Hand hätte, durch eine schnelle Entscheidung eine zügige Beendigung des Beschwerdeverfahrens und damit der Vollzugshemmung herbeizuführen.
Hier kommt hinzu, dass ein Vollzugsverzicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren bis zum 31. Juli 2007 erfolgt ist, die Antragsteller in einer Presseerklärung - nach telefonischer Angabe der Antragsgegnerin - am 26. Juli 2007 einen Verzicht auf die Beschwerdeeinlegung bekannt gegeben haben und die Antragsgegnerin im Vertrauen darauf für den heutigen Tag den Abschluss eines notariellen Kaufvertrages vereinbart hat, um das beabsichtigte Vorhaben durchführen und Schadensersatzforderungen ihres Vertragspartners vermeiden zu können. Dem gegenüber sind existenzielle Gefahren der Antragsteller nicht erkennbar, ihr Verfahrensbevollmächtigter hat sogar telefonisch angedeutet, es könnten nicht alle fraglichen Grundstücke betroffen sein, so dass das Bürgerbegehren nicht einmal insgesamt, sondern nur - wie auch in der vorliegenden Antragsbegründung angegeben - "zumindest teilweise" gegenstandslos würde.
Angesichts dieser Gesamtumstände kann bei sachgerechter Ermessensausübung die begehrte vorläufige Regelung nicht getroffen werden.
Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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